Die beiden youpod-ReporterInnen Jonas Einck und Lena Sauermann, sind vom 10. bis 13. Oktober 2016 bei einer Jugendbildungsfahrt mitgefahren. Die Fahrt, die von AWO und Internationalem Treff organisiert wurde, ging ins Konzentrationslager Ravensbrück. Insgesamt waren zwölf Teilnehmer und drei Betreuer dabei.
Im Folgenden Artikel berichten die beiden von ihren Eindrücken:

Anreise, erste Nacht und ein komisches Gefühl

Pünktlich um 11.30 Uhr stehen wir alle mit unseren Koffern am Hauptbahnhof und warten auf unseren Zug. Wir sind gespannt, was uns in Ravensbrück erwartet, denn in einem KZ waren vorher nur wenige von uns und in der Schule hört man zwar vieles, aber wirklich vorstellen kann man sich das dort nicht. Zusammen mit unseren Fragen und Erwartungen geht es auf den Weg. Zuerst mit dem ICE nach Berlin und von da mit Bahn und Bus nach Fürstenberg. An diesem Bahnhof sind die Gefangenen des Konzentrationslagers auch angekommen und mussten den restlichen Weg nach Ravensbrück laufen. Auf uns warten dort  zum Glück schon Taxis, die uns in wenigen Minuten zu unserem Ziel bringen.

Unser Ziel ist die Jugendherberge direkt vor dem Gelände des Konzentrationslagers. Früher war dies ein SS-Dorf, in dem die Aufseher/innen wohnten. Es fühlt sich etwas komisch an, in diesen Häusern zu leben, zu schlafen und zu essen, wo früher Mörder und Folterer wohnten. Die Jugendherberge erinnert jedoch nicht mehr sehr stark an früher und so kommt trotz der schlimmen Vergangenheit dieses Ortes eine gemeinschaftliche Stimmung zustande.

Am Abend erklärt uns Bine, eine unserer Betreuerinnen, generelle Informationen zum Nationalsozialismus und den Konzentrationslagern. Anhand eines Zeitstrahls wird uns deutlich gemacht, wie lange all dies schon her ist und im anschließenden Quiz erfahren wir, warum es trotzdem niemals in Vergessenheit geraten darf. In der Nacht bringt manche noch das Gefühl, so nah an einem so schlimmen Ort mit so vielen Toten  zu liegen, um den Schlaf. Dennoch sind am nächsten Morgen alle fit und gespannt, was uns der Tag erwartet.

Besichtigung des KZ und des Museums

Nach dem Frühstück geht es mit einer speziell für Jugendliche entwickelten Führung los: demFotospaziergang. In Dreier- bis Fünfer-Gruppen eigeteilt, bekommt jede Gruppe eine Kamera und den Auftrag, Bilder von Dingen zu machen, die die Gruppe oder Mitglieder der Gruppe besonders interessant finden oder die sie nicht verstehen.  Wir laufen also eigenständig auf dem Gelände herum und schauen uns alles an. Dabei entdecken wir versteckte Gebäude und Eingänge und allerhand neue Fragen. Jeder sieht sich die Sachen an, die er spannend findet, fotografiert die Spannendste und so haben wir am Ende Fotos, dessen Inhalt uns wirklich interessiert.

Zusammen mit Angie, einer Angestellten der Gedenkstätte, gehen wir unsere Fotos durch und sie erzählt uns die Geschichte hinter den abgebildeten Gebäuden, Räumen und Figuren. Alle hören zu und stellen Fragen.

Wir erfahren, dass etwa 150.000 Menschen in dem KZ registriert wurden. Hauptsächlich Frauen und Kinder. Sie lebten dort in Holzbaracken unter unmenschlichen Bedingungen. Zum Schluss 800 Menschen in einer Baracke. Es gab nicht genug Nahrung und Wasser. Krankheiten wie Typhus, breiteten sich aus. Viele starben an Erschöpfung, denn trotz der Unterversorgung mussten sie bis zu zwölf Stunden am Tag als Näherin oder Gärtner arbeiten. Die produzierten Socken oder Mäntel waren für die Nationalsozialisten. Angie erzählte, dass die Näherin teilweise die Socken zu eng nähten um den NS-Leuten so zu schaden. Dieser Funke Widerstand brachte Mut und Hoffnung. Ein wirklicher Aufstand war nicht möglich. Alle hatten Angst, um sich, Freunde und Familie. Sie standen immer unter Beobachtung und beging einer eine Strafe, so litt die ganze Baracke darunter indem sie, zum Beispiel stundenlang Appell stehen musste. Von 1939 bis 1945 starben etwa 30.000 Menschen in Ravensbrück, viele von ihnen entweder an Krankheiten und Erschöpfung oder später durch die Gaskammer.

Nach dem Mittagessen geht es in das Museum der Mahn- und Gedenkstätte. Bine führt uns durch die verschiedenen Räume und erklärt uns den Aufbau, die Geschichte und die Lebensbedingungen im KZ Ravensbrück. Gemeinsam gehen wir durch die verschiedenen Räume des Museums. Wir sehen alte Betten, dreistöckig und mit Strohsäcken als Matratze, und „Geschenke“, die die Gefangengen für ihre Mitinsassen anfertigten, heimlich versteht sich. Durch das Museum bekommen wir einen noch besseren Einblick in das Leben im Konzentrationslager.

Den restlichen Nachmittag haben wir Freizeit und dürfen uns frei auf dem Gelände bewegen. Während einige eine Pause brauchen und auf ihr Zimmer gehen, besichtigt der Rest noch das „Führerhaus“, ein Haus aus dem SS-Dorf, das noch die Original-Einrichtung besitzt und das Leben der SS-Leute veranschaulicht. Ihnen ging es im Gegensatz zu den Gefangenen im KZ gut, sie hatten mehrere Stockwerke für eine Familie, Heizung, Bad und Küche und eine tollen Ausblick auf den angrenzenden See.

Danach gingen wir noch in das ehemalige Gefängnis des KZs. Nun ist es ein Gedenkort, in dem jedes Land, aus dem Menschen in Ravensbrück waren, einen eigenen Raum gestaltet hat. Darin wird den Opfern und Überlebenden gedacht. Überall drücken Skulpturen und Statuen die Trauer und die Anteilnahme des Landes aus. Die Stimmung ist bedrückend. Vereinzelt erzählen die Räume aber auch Geschichten des Widerstandes. Von Menschen, die sich gegen das System gestellt haben. Für uns alle ist es ein besonderer Ort, der die heutige Sicht auf die damaligen Verbrechen widerspiegelt.

Am Abend versuchten wir Abstand von all den traurigen Gedanken zubekommen. Wir spielten Tischtennis, Kicker und Gesellschaftsspiele und schauten Fernsehen.  So geht der erste, lange Tag unseres Aufenthalts in der Jugendherberge zu Ende.

Wir lassen unseren Besuch ausklingen

Der dritte und letzte Tag (Mittwoch) im KZ begann für uns wieder um 8.30 Uhr mit dem Frühstück. Der Vormittag stand allen zur freien Verfügung. Die meisten von uns entschieden sich, in Gruppen in das Stadtzentrum von Fürstenberg zu gehen, um sich dort in den Supermärkten mit dem Notwendigsten zu versorgen. Der Fußweg betrug etwa 20 Minuten. Das im Tal gelegene, kleine Stadtzentrum besaß zwei Supermärkte. In Kleingruppen konnten wir dann einkaufen gehen. Gegen zwölf Uhr gab es für alle Mittagessen in der Jugendherberge.

Am Nachmittag hatten wir vier Fahrraddraisinen gemietet, mit denen wir etwa 20 Kilometer zurücklegten. Trotz der Kälte machte es allen Spaß und man konnte viel von der Landschaft sehen, die viel aus Wald bestand. Über zwei Stunden dauerte die Fahrt. Danach setzten wir uns in eine Gaststätte und bestellten heißen Kakao, um uns aufzuwärmen.

Zurück in der Jugendherberge, trafen wir uns abends nochmal im Gruppenraum und jeder konnte seinFeedback zur Fahrt geben und sagen, was er gerne anders gehabt hätte oder was ihm gefallen hat.

Den Abschluss bildete nachher ein Spieleabend im Chillraum, bei dem wir zusammen Ligretto, Phase 10 und Werwolf spielten. Besonders Werwolf machte allen Spaß.

Rückfahrt mit Bahnchaos

Der letzte gemeinsame Tag war der Tag der Rückfahrt. Planmäßig sollten wir eigentlich um 17.10 Uhr am Hauptbahnhof in Düsseldorf sein. Das Chaos begann schon damit, dass der erste Zug, den wir Richtung Berlin nehmen sollten, ausfiel. Nachdem wir ersatzweise mit einem Bus weitergefahren waren, konnten wir wieder in einen Zug nach Berlin steigen.

Dieser Zug musste aber zwischendurch wegen einer Bombenentschärfung durch Schienenersatzverkehr ersetzt werden. Der Schienenersatzverkehr brachte uns bis Berlin-Oranienburg. Von dort mussten wir eine S-Bahn bis Berlin-Gesundbrunnen nehmen. Durch diese Verzögerungen, haben wir zwei ICEs nach Düsseldorf verpasst. Deshalb waren wir auch erst gegen 19.15 Uhr zurück in Düsseldorf.

Nach der Fahrt gab es noch eine kurze Runde, wo sich jeder von jedem verabschiedete. Alle waren erschöpft wegen der aufwendigen Fahrt.Aber wir waren auch alle beeindruckt von unseren Erlebnissen und der Geschichte. So eine Bildungsfahrt ist anstrengend, aber sehr hilfreich, um der deutschen Geschichte tatsächlich näher zu kommen. Deswegen wünschten wir uns auch alle, so eine Fahrt zu wiederholen.

AutorInnen: Lena Sauermann, Jonas Einck

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