In ihrer Sitzung am 27.01.2025 hat die evangelische jugend düsseldorf beschlossen das folgende Statement zu veröffentlichen:

Zusammenfassung:
Die evangelische jugend düsseldorf ist besorgt über das Erstarken rechtsextremer Kräfte in Deutschland und Europa. Insbesondere seit dem aufgedeckten „Potsdamer Treffen[1]“ Rechtsextremer im November 2023, bei dem es unter dem Begriff der „Remigration“ um die Vertreibung von Millionen von Menschen ging, vermehren sich rechtextreme Stimmen und Positionen. Die Vorstellungen dieser Gruppen sind weder mit dem christlichen Menschenbild noch mit unserem Verständnis der demokratischen Ordnung in Deutschland vereinbar, weshalb sich die evangelische jugend düsseldorf klar gegen rechtsextremes Gedankengut stellt. Daher fordert die evangelische jugend düsseldorf alle Menschen auf, sich jeder Form von Rechtsextremismus, Diskriminierung, Hass, Hetze und gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit entschlossen entgegenzustellen und für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten.

Das Privileg in einer freien Demokratie zu leben, verpflichtet uns, alle wahlberechtigten Menschen aufzurufen, bei der anstehenden Bundestagswahl ihre Stimme zu nutzen und damit die demokratischen Parteien zu unterstützen, um dem Rechtsruck innerhalb unserer Gesellschaft eine klare Absage zu erteilen.

 

 

Statement in voller Länge:
Die evangelische jugend düsseldorf steht für eine demokratische, pluralistische, offene und vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen gleichwertig sind, teilhaben können und Schutz erfahren. Unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität, Behinderung oder Ähnlichem. Deshalb blickt die evangelische jugend mit Sorge darauf, dass aus den letzten Landtagswahlen und der Wahl zum Europäischen Parlament in Deutschland, Frankreich und einigen anderen Ländern der Europäischen Union, faschistische, rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte sehr gestärkt hervorgegangen sind. Dieses Geschehen gibt auch vielen anderen Menschen, Verbänden, Gruppierungen und NGOs Anlass zur Sorge- nicht zuletzt, weil einige der zuletzt gewählten Politiker*innen selbst für die ultrarechte ID-Fraktion im EU-Parlament zu rechts sind!

Bereits im Vorfeld der Europawahl wurde aufgedeckt, dass auf einem Treffen („Potsdamer Treffen“) von Personen aus dem Bereich der AfD, der Werteunion und der Identitären Bewegung über die Vertreibung („Remigration“) von Millionen Menschen aus Deutschland beraten wurde. Die Überlegungen dieser Gruppe richtet sich gegen Asylbewerber*innen, Ausländer*innen mit Bleiberecht und „nicht assimilierte Staatsbürger*innen“. Letztere seien das größte „Problem“. In den Beratungen ging es auch um Ideen, wie die sogenannte „ethnische Wahl[2]“, die Errichtung eines „Musterstaates“ in Nordafrika, als ein Gebiet in das diese Menschen(gruppen) „und alle, die sich für Geflüchtete einsetzten“, vertrieben werden können. Solche Vorhaben sind für Rechtsextreme nichts Neues. Schon während der NS-Zeit gab es die Idee des Madagaskar-Plans[3], der beabsichtigte vier Millionen jüdische Menschen auf die vor der Ostküste Afrikas gelegene Insel Madagaskar zu deportieren. Der Madagaskar-Plan fand zwar so keine Umsetzung, anstelle dessen trat jedoch die millionenfache systematische Ermordung von Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen und vieler weiterer Menschen.

Demokratie, Menschenwürde und Menschenrechte sind keine Frage von politischer Einstellung, sondern Grundlage für unser aller Zusammenleben und wichtiger Teil unserer evangelischen Identität. Die Verteidigung dieser Grundwerte ist unmittelbare Konsequenz aus den Erfahrungen während der NS-Zeit. Wenn diese Grundwerte ausgehebelt werden sollen, steht das im Widerspruch zu unserem Glauben und den Werten der evangelische jugend düsseldorf. Demokratie- und Menschenfeindlichkeit können und dürfen wir aus unserem Glauben heraus nicht unwidersprochen lassen:

„Gott schuf den Menschen nach seinem Bild.
Als Gottes Ebenbild schuf er ihn“. (1.Mose 1,27)

Aus dieser Grundüberzeugung sind wir alle gleich und alle Kinder Gottes. Jedwede Einteilung oder Unterscheidung von Bürger*innen nach ihrer Herkunft, Abstammung, Glaube oder einer anderen Kategorie, mit der Intention einer Ungleichwertigkeit, lehnen wir strikt ab.

Christus spricht:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22,37-39)

Nächstenliebe zu leben ist uns allen geboten und auch der diakonische Gedanke wird in unserer Arbeit verwirklicht. Aus dieser Nächstenliebe heraus ist geboten, sich gerade all denen zuzuwenden, die in Not sind, am Rande unserer Gesellschaft stehen oder dorthin gestellt werden. Dabei ist es vollkommen egal woher du kommst, wie du aussiehst, wen du liebst oder woran du glaubst. Nächstenliebe kennt keine Grenzen.

Wer aber statt Liebe Hass verbreitet, Menschen gegeneinander ausspielt und andere herabwürdigt, verstößt gegen dieses hohe Gebot und schadet damit unserer Gesellschaft. In ihren Bestrebungen und Ideologien verletzen Rechtsextreme diese demokratischen und christlichen Grundsätze fundamental.

Werte:
„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
– Martin Niemöller (Pfarrer)

So formulierte Martin Niemöller, ein evangelischer Pfarrer und ehemaliger KZ-Häftling, seine Erfahrungen und sein eigenes Unvermögen, rechtzeitig etwas gegen die Naziherrschaft zu unternehmen und gestand damit auch seine eigenen Fehler ein. Die Erfahrungen der Vergangenheit müssen uns allen eine Warnung sein. An solch einen Punkt dürfen wir es nie wieder kommen lassen, deshalb müssen wir uns zur Wehr setzen, wenn wir Ausgrenzung wahrnehmen und erkennen, dass von demokratischen Prinzipien abgerückt wird. Wenn wir nicht deutlich widersprechen, wird daraus schlussendlich eine unmittelbare Gefahr für jeden einzelnen Menschen, der den gesäten Hass nicht teilen will.

In der AfD findet rechtsextreme Ideologie ein Zuhause[4]. Aus der Partei heraus wurden und werden immer wieder unmenschliche Haltungen und Unwahrheiten in die Köpfe getragen, um aufzuhetzen und unsere Gesellschaft zu spalten. Menschen werden gegeneinander ausgespielt und gleichzeitig wird konsequent versucht, den Diskurs und die Sprache verrohen zu lassen. Als Folge wird die Grenze dessen, was an Sprache gesellschaftlich akzeptiert wird, nach rechts außen verschoben. Wut und Angst werden mobilisiert, die sich auch in Beleidigungen, Herabwürdigungen und Gewalttaten widerspiegeln. Wir als Jugendverband bedauern insbesondere, dass sich dieses Gedankengut auch bei vielen jungen Menschen verfängt.

Wir tolerieren keine rechtsextremen, unmenschlichen Ideologien, welche die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte propagieren und verurteilen allgemein jedwede Form der Intoleranz. Insbesondere vor dem Hintergrund der NS-Zeit sehen wir das Individualrecht auf Asyl[5] in Deutschland und das allgemeine Menschenrecht auf Asyl[6] als grundlegende Errungenschaften, dessen Verächtlichmachung wir scharf verurteilen.

Wir fordern alle Menschen auf – insbesondere diejenigen, die sich im Kontext der evangelischen jugend düsseldorf bewegen – sich jedweder Form von Rechtsextremismus, Diskriminierung, Hass, Hetze und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschlossen entgegenzustellen und für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten.

In unseren Räumen und Strukturen ist kein Platz für rechtsextreme Ideologien und Populismus. Sie sind mit dem (Haupt- und) Ehrenamt in der evangelischen jugend düsseldorf vollkommen unvereinbar.

 

Die evangelische jugend düsseldorf

  • ist bei Problemen mit Rechtsextremismus als weitervermittelnde Stelle für ihre Ehrenamtler*innen ansprechbar.
  • wird auch in Zukunft der AfD und anderen rechtsextremen Parteien, keine Plattformen bieten (um Hass und ihre Narrative zu verbreiten).
  • verurteilt diskriminierende und entmenschlichende Sprache und ist bemüht den Prozess einer Normalisierung rechtspopulistischer Narrative zu verhindern.
  • prüft ihre Teilnahme an Veranstaltungen Dritter kritisch, an denen die AfD und andere rechtsextreme Parteien sowie ihre assoziierten Organisationen beteiligt sind. Dabei geht es nicht darum, einer inhaltlichen Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Vielmehr geht es darum, dass die völkischen Argumentationsmuster der AfD und weiterer rechtsextremer Parteien sowie die Art und Weise ihres öffentlichen Auftretens eine ernsthafte politische Diskussion unmöglich machen.
  • setzt sich in allen Gremien, an denen sie partizipiert, in gleicher oder ähnlicher Weise für diese Punkte ein.

 

Jede Unterstützung rechtsextremer Akteur*innen, egal ob an der Wahlurne oder am Rednerpult, ist für uns nicht mit Nächstenliebe, Gleichheit, Gottesebenbildlichkeit und dem christlichen Glauben vereinbar.

[1] „Potsdamer Treffen“: https://de.wikipedia.org/wiki/Treffen_von_Rechtsextremisten_in_Potsdam_2023

[2] Verrechtlichung der Wählerstimmen von Menschen mit Migrationshintergrund

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Madagaskarplan

[4] https://www.rnd.de/politik/wo-gelten-afd-und-junge-alternative-als-gesichert-rechtsextrem-und-was-bedeutet-das-BEOYLLR67FCABBNQ6ESSRUZJWM.html

[5] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_16a.html

[6] https://www.amnesty.de/artikel-14-asylrecht